von Seraphine Monien
Blogartikel #06
Lesezeit 8 Minuten
Gast-Artikel von Seraphine Monien in dem Magazin „BIO – natürlich gesund leben“ 09/2021
In der richtigen Schwingung
Klang ist Schwingung. Und Schwingung beeinflusst unser ganzheitliches System. Das merken wir zum Beispiel, wenn wir den Bass der Musik in unserem Bauch spüren oder wenn wir ein Donnergrollen nicht nur hören, sondern bis ins Mark fühlen können. Doch auch die feinen und leisen Töne wirken auf uns. Das ist uns nur nicht immer bewusst. Meditationslehrerin Seraphine Monien nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt der Klänge, die uns schlussendlich zu uns selbst führt.
Beginnen wir einfach mal mit einem ganz simplen Experiment. Halten Sie sich für 10 Sekunden Ihre Ohren fest zu. Konzentrieren Sie sich auf die Stille. Sie werden merken, dass Sie sich leichter auf sich selbst konzentrieren können. Sie werden fokussierter. Dann öffnen Sie Ihre Ohren wieder und nehmen bewusst wahr, wie viele unterschiedliche Klänge, die Ihnen vorher vielleicht gar nicht aufgefallen sind, die ganze Zeit über um sie herum sind. Besonders, wenn Sie sich gerade in der Stadt befinden, werden Sie feststellen, wie der Verkehr und die Gespräche auf der Straße plötzlich in Ihre Ohren dringen, der Staubsauger nebenan, die Baustelle in der Nachbarschaft, Musik aus einem vorbeifahrenden Auto – und ein Grundrauschen, in dem sich alle leiseren und ferneren Geräusche vermischen.
All diese Klänge und Geräusche, die uns im Alltag begegnen, wirken sich auf unser Wohlgefühl aus. Gerade in der Stadt kommt es so oft zu einer sensorischen Überreizung, die uns erst mal nicht bewusst ist, weil wir uns schon in gewisser Weise daran gewöhnt haben. Doch auch, wenn wir versuchen, die Geräuschkulisse auszublenden oder kleinzureden, wirkt sie auf uns und kostet uns Energie. Das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, wird in unserem Gehirn verarbeitet und beeinflusst die biochemischen Prozesse in unserem Körper. Findet eine Reizüberflutung statt, wird der Körper unter anderem mit der Bildung von Stresshormonen antworten, die unser vegetatives Nervensystem belasten. Außerdem kann durch eine solche Überreizung unser emotionales und mentales Gleichgewicht gestört werden.
Wie ausgeglichen und gestärkt wir in uns sind, lässt sich auch anhand von kleinen Alltagsbeispielen erkennen. Wie ist es bei Ihnen? Wir alle können in gewissen Phasen unseres Lebens beobachten, wie recht unspektakuläre Geräusche uns geradezu verrückt machen. Das kann ein Sitznachbar in der Bahn sein, der mit seinem Schlüsselbund spielt, die raschelnde Chipstüte in der Kinoreihe hinter uns, der quietschende Einkaufswagen im Supermarkt oder auch das monotone, leise Surren eines elektronischen Geräts, wenn wir einschlafen wollen. In diesen kleinen Momenten akustischer Herausforderungen lässt sich das Maß unserer Stress-Resilienz sehr gut beobachten.
Um unsere
Stress-Resilienz zu verbessern und uns ganzheitlich zu stärken, können wir uns allerdings auch die positiven Eigenschaften des Phänomens
„Klang“ zunutze machen. Denn
heilende Klänge werden seit jeher in allen Kulturen zur Meditation sowie zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte und zur Befreiung von Blockaden im
Energiefeld eingesetzt.
Tibetische Klangschalen, Gongs, Zimbeln und Glocken, schamanische Trommeln, indianische Flöten, das Didgeridoo, Rasseln und Muschelhörner – Die unterschiedlichen Kulturen haben zahlreiche Wege gefunden, um mit Klang Wirkung zu erzeugen. Sie verwendeten und verwenden die unterschiedlichen Schwingungen zur mentalen Klärung, zur Heilung und Entspannung, zur allgemeinen Stärkung, zur feinstofflichen Reinigung oder auch zur Unterstützung tranceähnlicher Zustände.
Interessant ist, dass indigene Instrumente auch zeremoniell zur Pflanzzeit und Aussaat eingesetzt wurden. Wissenschaftler fanden heraus, dass Pflanzen tatsächlich besser wachsen, wenn sie mit Musik beschallt werden. In den Zellen der Pflanzen befinden sich Membranen, die auf Klänge und Geräusche, also Schwingung, reagieren. Bei bestimmten Schallwellen öffnen sich ihre Poren und der Stoffwechsel der Pflanze wird angeregt. Einigen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge ist dabei die Klangfarbe entscheidend. In Experimenten, bei denen vor allem Wildgewächse (z. B. Wein oder Tomaten) mit klassischer Musik beschallt wurden, konnte nicht nur eine Wachstumsbeschleunigung festgestellt werden – auch die Blätter wurden größer und die Früchte aromatischer.
Wenn
Klänge sowohl auf das
Saatgut als auch auf die Pflanzen Einfluss nehmen können, was vermögen Klänge dann auch in uns besser gedeihen zu lassen, wenn wir sie bewusst für unser
Wohlergehen nutzen und beispielsweise in der täglichen
Meditation einsetzen?
Gerade für westlich geprägte Menschen ist die klangliche Unterstützung in meditativen Übungen in doppelter Hinsicht zu empfehlen. Einmal wegen des gerade erwähnten positiven Effekts der Schwingung auf das gesamte System eines lebendigen Organismus. Und zum anderen deshalb, weil viele Menschen hier sehr leistungsorientiert geprägt sind und sich oft an einen hektischen und aktionistischen Lebensstil gewöhnt haben. Versucht man aus einer solchen Situation heraus ad hoc in die Stille zu gehen, um innere Ruhe zu finden, wird das nicht funktionieren. Die Stille wirkt in diesem Falle eher überfordernd. Wir werden innerlich unruhig und die Gedanken und Gefühle, mit denen wir uns tagtäglich beschäftigen, überfluten unser Bewusstsein.
Das ist übrigens auch ein Grund dafür, dass immer mehr Menschen von Einschlafproblemen geplagt werden – oder wie ich es in einer meiner Podcast-Folgen zum Thema Schlaf formulierte: Wer tagsüber nur rennt, wird nachts weiter rennen.
Für eine effektive Meditation ist es also wichtig, auch mit einer passenden akustischen Unterstützung zu arbeiten. Da es in der echten Meditation nicht darum geht „nicht zu denken“ (was auch unmöglich ist), sondern in ein wesentliches Denken hineinzuwachsen – also die heilsamen inneren Impulse jenseits des wachen Alltagsbewusstseins vernehmen zu können – hat es sich in der Praxis bewährt, durch eine klangliche Untermalung unseren wachbewussten „inneren Kritiker“ zu beschwichtigen, damit wir einen leichteren Zugang zu den feineren Ebenen unseres Bewusstseins finden.
(„All about Life“ Podcast # 7 | Schlaf schön! 3 Tipps für Deinen gesunden Schlaf)
Abgesehen davon, dass dadurch eine überfordernde Stille vermieden wird, führt der gezielte Einsatz und das Spiel mit unterschiedlichen Klängen auch zu einer erhöhten Wirksamkeit der Entspannungsübung oder Meditation.
In meinen geführten Meditationen, Achtsamkeitstrainings und Entspannungsübungen arbeite ich beispielsweise mit dreidimensional aufgenommenen Naturklängen in Kombination mit heilsamen sphärischen Klängen und unterstützenden Melodien. Je nach Thema und gewünschtem Effekt der Übung variieren sie in Art und Lautstärke.
Um die Wirksamkeit und die unterschiedliche Energie der Naturklänge zu erkennen, müssen wir nur mal genau hinhören. Ist Ihnen zum Beispiel schon mal aufgefallen, dass nicht nur die Orte in der Natur, sondern sogar Jahreszeiten ganz unterschiedlich klingen?
Das quirlige Erwachen des Frühlings und sein Vogelgezwitscher unterscheidet sich in Klang und Wirkung von der von Lebensfreude geprägten Sommeratmosphäre, in der der leichte Wind die satten Baumkronen bewegt. Und die Wildheit der Herbstwinde und des Regens klingt anders als die besinnliche Stille eines verschneiten Wintertags, bei dem selbst in der Stadt laute Geräusche gedämpft werden.
Es ist also nicht nur das, was wir sehen oder riechen, was uns an der Natur fasziniert. Es ist auch ihr Klang, der uns im Innersten berührt. Was uns zu der Frage führt, wie es sich eigentlich mit unserem eigenen Klang verhält. Schwingt dieser in Resonanz mit unserer inneren Natur? Wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, fällt auf, dass in unserer Stimme auch immer unsere Stimmung mitschwingt. Unsicherheit oder unterdrückte Wut, Künstlichkeit, aber auch Herzlichkeit können wir in Stimmen erkennen.
Besonders spannend wird es dann, wenn wir unsere eigene Stimme auf einer Aufnahme hören. Das wirkt unter Umständen befremdlich.
In meiner Zeit als Gesangslehrerin habe ich viele Schülerinnen und Schüler dabei begleitet, ihren eigenen, ganz natürlichen Klang zu finden.
Zu Beginn ist es häufig so, dass Menschen, die das Singen lernen wollen, entweder mit viel zu viel Druck, Kraft und Lautstärke arbeiten oder sehr zaghaft und unsicher agieren. Es spiegelt sich in unserer Stimme nämlich auch wider, wie wir uns selbst sehen, wie wir mit unserem Leben umgehen, wie wir zu uns selbst stehen. Meine damalige Vocal-Coach-Zeit war deshalb schon immer verknüpft mit meiner spirituellen Coaching-Arbeit, in der Menschen lernen, zu sich selbst und ihrer individuellen wahren Natur zu finden. So lernten zum Beispiel auch Schüler*innen, die immer dachten, sie müssten sich im Leben verstecken und verstellen, die Vielfältigkeit und die Kraft ihrer Stimme kennen – und Schüler*innen, die zu Beginn mit Lautstärke ihre Unsicherheiten zu kompensieren versuchten, lernten ebenfalls, einen Ausgleich zu finden, entdeckten den Zauber ihrer leisen Töne und konnten auch ihre authentische sanfte Seite im Leben und auf der Bühne vollkommen neu ausdrücken.
In solchen Prozessen der Entfaltung und Persönlichkeitsentwicklung, aber auch in der ganz alltäglichen Selbstfürsorge, sind geführte Meditationen, Achtsamkeitstrainings und Entspannungsübungen mit einem durchdachten Sound-Design ein wertvolles Werkzeug. Durch sie lernen wir, leichter in unsere natürliche Schwingung zu gelangen, um auch selbst im Leben wieder natürlich zu schwingen, zu fließen und uns auszudrücken. Denn so seltsam es sich zunächst angehört hat: Es sind die richtigen Klänge, die uns dabei helfen können, unsere innere Ruhe im Alltag zu finden.
Oft wird das Mantra „Om“ als Sinnbild – oder Sinnklang – für Meditation genutzt. Doch die wenigsten Menschen der westlichen Welt werden durch ein „Om“ in die gewünschte Tiefenentspannung gelangen, geschweige denn an ihren jeweiligen Lebensthemen arbeiten können oder heilsame, geistige Inspiration finden, was eine Meditation ja eigentlich bezwecken sollte.
Für Menschen, die durch ihre kulturellen Wurzeln einen leichteren Zugang zur Praxis der östlichen Spiritualität haben und Meditation praktizieren, hat der Klang „Om“ allerdings eine sehr große Bedeutung. „Om“ ist das heiligste aller Mantras in den hinduistischen Religionen. Es wurde zum ersten Mal in den Upanishaden verwendet und steht im hinduistischen Verständnis für den transzendenten Urklang, aus dessen Vibrationen das gesamte Universum entstand. Später wurde „Om“ als die Verbindung der drei Klänge a, u und m zum Objekt mystischer Meditation. Wenn man mit dem Mantra „Om“ meditiert, rezitiert man also eigentlich „AUM“. Das Mantra korrespondiert mit den Zuständen des Wachens, des Träumens, des Tiefschlafs und der tiefsten Ruhe. In der sehr viel jüngeren Lehre des Buddhismus ist das „Om“ ein Symbol der Form als auch des Klangs und steht für die Gegenwart des Absoluten. Auch hier spielt es als mantrische Silbe eine große Rolle.
Wie bedeutend das Phänomen des Klangs ist, zeigt sich übrigens nicht nur durch Mantras. In den meisten mystischen und spirituellen Überlieferungen und Weisheiten der Kulturen finden wir spannende Hinweise auf die Bedeutung von Klang und Schwingung, mit denen zu beschäftigen sich lohnt.
Klickst du aufs Cover, kommst du zur Hörprobe.
Perlen der Weisheit – Indische Mystik & Indische Meditation
Achtsamkeitsmeditation und Meditationen zur Stärkung des inneren Lichts
Tracks:
Spielzeit: 75:00 Min.
Autorin/Sprecherin: Seraphine Monien
Das MP3 Album gibt es überall im Handel und im Online-Shop des Sera Benia Verlags.
Wie wäre es mit einer kleinen Achtsamkeitsübung auf dem Sofa. Vor dem Fernseher. Geht das? Natürlich. Dort können Sie erleben, wie sehr Klänge Ihre Gefühle beeinflussen. Wenn Sie einen Film sehen, in dem es gerade so richtig spannend wird oder eine Szene, in der zur orchestralen Musik der rettende Held in einer ausweglosen Situation erscheint – schalten Sie einfach mal den Ton aus – und beobachten Sie, wie sich die jeweiligen Emotionen, in denen Sie sich im Bann des Films befanden (Angst, Freude, Traurigkeit, Euphorie, …), sofort abschwächen.
Höre gerne auch die „All about life“ Podcast Folge für mehr Wohlgefühl in deinem Leben:
# 135 | Der achtsame Wochenstart – Positive Affirmationen für dein Körperbewusstsein